Eine Epilepsie bei Hunden äußert sich meist in einem Krampfanfall. Klassischerweise verlieren die Hunde oder auch Katzen das Bewusstsein, fallen zur Seite, und beginnen mit Ruderbewegungen der Arme und Beine. Sie zittern am ganzen Körper, haben meist einen unwillkürlichen Kot- und/oder Harnabsatz. Das kann sich bis zu Krämpfen über den ganzen Körper ausdehnen, meist vokalisieren (geben Lautäußerungen). Die Dauer eines solchen Krampfes geht von wenigen Sekunden bis zu einer Stunde. Bei langen Krämpfen über 10 Minuten spricht man von einem Status epilepticus. Danach erholen sie sich von den Krampf und nach einer unterschiedlich langen Zeit scheinen sie fürs Erste wieder ganz normal zu sein. Dem Besitzer ist dieser Krampfanfallmeist bekannt, manchmal finden solche Krämpfe auch statt, ohne das der Besitzer es mitbekommt, nur Spuren in der Umgebung des Hundes deuten noch darauf hin.
Es kann aber auch ganz anders sein, ohne Bewusstseinsverlust, nur ein sich ständig wiederholendes Muskelzucken, ein Schnappen nach imaginären Fliegen, Manegebewegungen oder auch nur Fellzucken (v.a. Katze „Rolling Skin Syndrome“) oder nur Verhaltensauffälligkeiten wie unerwartete Aggression oder Angstzustände. Wo und wie sich ein Krampfanfall äußert korreliert, an welcher Stelle im Gehirn er stattfindet. In jedem Fall geht er mit einer unkontrollierten Massenentladung von Neuronen im Hirn statt, wie ein Gewitter das sich über das gesamte Großhirnrinde zieht. Es ist ein dramatisches, verstörendes Erlebnis für den Besitzer, wenn sich sein Tier in solch einem Krampfzustand befindet
Hat man solch ein Tier auf dem Untersuchungstisch, muss zunächst abgeklärt werden, ob es sich ob es sich bei dem Anfall um einen eher um stoffwechselbedingten Krampfanfall handelt. Man legt also eine Venenzugang, nimmt Blut und untersucht es im Sofortlabor.
Stoffwechselstörungen wie Unterzucker (v.a. kleine Hunde, Diabetiker) , ein zu niedriges Kalzium (Hypocalcämie, Milchfieber), Infektionen (Staupe, Toxoplasmose, Hirnentzündung) und Vergiftungen (Carbamate, Organophosphate, Strychnin, Alphachloralose u.ä.) führen genauso zu Krämpfen wie eine Epilepsie im eigentlichen Sinne und müssen strikt von ihr unterscheiden werden, weil sie dann auch ursächlich behandelt werden müssen, denn sie haben nichts mit einer Epilepsie zu tun und verschwinden wieder, wenn sie behandelt werden.
Es kann sich bei dem Patienten, gerade wenn er älter ist, auch mal nur um ein Vestibularsyndrom handeln, einen Zustand der mit heftigem Schwindel, Augenzittern und Verlust des Stehvermögens äußert. In diesem Fällen ist eine klinisch neurologische Untersuchung notwendig um das Geschehen einzugrenzen.
Sollten diese Untersuchungen normal ausfallen und sich aber das Tier nicht von alleine stabilisiert, wendet man antiepileptische Medikamente an, die über eine Infusion nach Wirkung zu verabreichen sind. Hier ist große Erfahrenheit wichtig, um die richtigen Medikamente zu wählen.
Wenn die Differentialdiagnose wie Stoffwechsel und Vergiftungen ausgeschlossen sind kommt man dann zur Diagnose: EPILEPSIE (griech. „Fallsucht“).
Hier unterscheidet man zwischen einer “eigentlichen Epilepsie” und einer “strukturellen Epilepsie”
Von der eigentlichen (oder sogenannten idiopathischen) Epilepsie weiss man, dass sie bei verschiedenen Rassen vererbt werden. Das ist regelmässig beim Golden Retriever, Labrador, Lagotto Romagnolo, Rhodesian Ridgegeback, Australian Shepherd, Border Collie und Berner Sennehund bekannt, kann aber auch bei anderen Rassen vorkommen. Eine ausführliche Aufstellung Rassen werden unter dem Consensus Statement der International Veterinary Epilepsy Task Force (https://www.biomedcentral.com/collections/ivetf) über genetische Faktoren bei idiopathischer Epilepsie aufgeführt.
Meist treten hier die Anfälle in einem Alter von ein bis drei Jahren auf. Sie werden dann mit Medikamenten behandelt. Diese Medikamente, wenn sie zuverlässig gegeben werden, ermöglichen den Tieren ein sehr komfortables Leben. Die Auswahl der Medikamente ist sehr individuell, hier spielt die Erfahrung des Therapeuten eine grosse Rolle. Wenn eine Monotherapie nicht ausreichend ist, kombiniert man mehrere Präparate.
Eine dauerhafte anticonvulsive Therapie wird notwendig bei:
* 2 oder mehr Anfällen in den lezten 6 Monaten
* Status epilepticus oder Clusteranfälle
* Bestätigung einer strukturellen Epilepsie
* Schwere postiktale Störungen ( Nach dem Anfall z.b. Aggression)
* Deutliche Veränderungen im Schweregrad
Man überprüft in regelmässigen Abständen die Serumspiegel um die Dosierung möglichst niedrig zu halten.
Man gibt auch noch Notfallmedikamente mit, falls doch noch ein Anfall durchbricht, entweder Diazepam als rektal anzuwendende Lösung oder Midazolam als Nasenspray. Damit hat der Besitzer einen kleinen Notnagel in der Hand und kann dem Tier in einem Anfall damit sofort helfen
Strukturelle Epilepsie
bedeutet, dass die Epilepsie durch eine andere ursächliche Erkrankung hervorgerufen worden ist.
Hier gilt es nun einen kompletten diagnostischen Plan aufzuarbeiten. Dazu gehören Untersuchung von Rückenmarkflüssigkeiten , ein EEG (Elektoencephalogramm) und vor allem bildgebende Verfahren wie CT oder besser MRT.