Ich möchte mal an dieser Stelle von einer Erfahrung berichten, die ich selbst erst kürzlich gemacht habe, ohne die ganzen Glorifizierungen des eigenen Könnens und die Hochglanzdarstellungen nach dem Motto “Dr House in Bestform”. Ich will Ihnen einfach mal, ganz nüchtern heruntergerechnet, meine Erfahrungen anhand eines Hundes “Jack” seinem Frauchen “Ines” ihrem Freund “Thomas” berichten. Es geht darum das ein ganz toller und charismatischer Hund, eben “Jack” eines Tages irgendwie und undefinierbar krank wurde und “Ines” war schon aufgefallen, dass fast alle Lymphknoten an seinem Körper erheblich geschwollen waren. Was war zu tun ?? So kam sie neulich in meine Praxis um die Geschichte abklären zu lassen und vor allem fragte Sie mich: “Was raten Sie mir, Herr Dr Neu? ” Und genau dieser kleine Nebensatz ist die Crux an der Geschichte. Da helfen die ganzen Selbstdarstellungen im Internet nicht weiter, es reduziert sich alles auf ganz wenige Teilfragen.
A) Tue ich dem Jack mit der Behandlung irgend etwas Gutes?
B) Muss Jack bei seinen wöchentlichen Behandlungen Schmerzen, Ängste etc. erleiden?
C) Nimmt ihn die Chemo Körperlich sehr mit, muss er Übelkeit, schlechte Stunden oder Tage erleiden?
D) Wie lange dauert eine Chemotherapie, und was sind die genauen Kosten?
Das ist unser Patient “Jack”.
Golden Retriever, ein Pfundskerl
echter Buddy
Ines, Frauchen.
Will das “alles für den Hund getan wird”
Geld spielt erstmal keine Rolle
Thomas, ihr Lebenspartner.
Er liebt Jack natürlich auch
hat aber mehr Bedenken, unterstützt aber Ines in Jedem Falle
Unsere Waffen:
Nach dem Madison Wisconsin Short Protokoll stehen uns folgende Medikamente zur Verfügung.
Die folgenden Tabellen und das Bild von der FNA Biopsie sind der Zeitschrift “Kleintier Konkret” 2014;5 S: 20–25 entnommen. Meine Empfehlungen richten sich nach diesem Artikel.
Heute stehen verschiedene Protokolle zur Behandlung des malignen Lymphoms zur Verfügung. Ich habe das Wisconsin Madison Short ausgewählt, allerdings ohne Prednisolon, weil man festgestellt hat dass dann die Chemo noch besser funktioniert. Jack hat ein Körpergewicht von 32 Kg was sehr genau einer KOF (Körperoberfläche) von 1 m2 entspricht
Das sind die Erfolge die bei einer kürzlich durchgeführten Untersuchung an drei Hunden erreicht wurden. Remission bedeutet: Rückgang der Lymphknotenschwellung. Rezidiv bedeutet Wiederauftreten der Schwellung, Reinduktion ist Anschließen eines zweiten Zyklus. Mittlere Überlebenszeit erklärt sich von alleine. Heute betrachtet man weltweit die Chemotherapie als nebenwirkungsarme Behandlung oft mit durchaus guter Prognose aber extrem hohen Aufwand
Was ist aber nun der tatsächliche Aufwand ? Nach der Diagnosestellung wirs Jack einmal pro Woche behandelt, immer am Samstag. Er kommt in die Praxis, wir legen einen perfekten Venenzugang und schließen eine Infusion an. Es wird sofort ein Blutbild gemacht um Sicherzustellen dass die Leukozyten nicht unter 1500/µl liegen, dann würden wir abbrechen. Beim Doxo kann man vorher Medis geben, um die Verträglichkeit zu verbessern. Dann bekommt er seine Chemo direkt in die Braunüle, infundiert noch ein paar Minuten und ist dann auch schon wieder fertig. Wenn er reichlich Leckerli bekommt nimmt Jack uns die Prozedur nicht einmal mehr übel
Doxurubicin ca 110€
Dosis 30mg/ m2KOF
Gesamtdosis im Protokoll wegen Cardiotoxizität nicht mehr als 240 mg Bei Jack sind es 4x30 mg, also keine Gefahr.
Erstvorstellung; Diagnose
Allgemeine Untersuchung 16€, FNA Biopsie, Blutbild 24€, Klinische Chemie 48€, Röntgen (2x ) 96€, Fremdkosten Zytologie 59€ sind brutto 302€
Laufende Kosten
Blutbild 24€, Venenkatheter 18€, Infusion 15€ sind 58€ brutto
19 Behandlungen sind notwendig also ca 1100 € insgesamt
Verbrauchte Medikamente:
Vincristin 9x 25€ also 225€
Doxorubicin 4x 110€ also 440
EndoxanTabletten 26€
Asparaginase 770 €
Dieses Medikament wird aber neuerdings durch das wesentlich preisgünstigere Lomustin ersetzt.
zusammen 1461€
Man kommt bei Jack also durchaus auf Behandlungskosten von ca 3000€, selbst wenn man moderat berechnet. Sollte eine Reinduktion notwendig werden erhöhen sich die Kosten eben nochmal. Ich werde Frau Beck bitten, mir am Ende der Chemo einen Blog zu machen, in dem sie über Ihre Gefühle und Einschätzungen berichtet. Ich selbst bleibe nun bis zum Abschluss einfach mal Werteneutral und gebe nur die Fakten weiter. Jeder möge über sich selbst entscheiden.